Risiko- und Nachhaltigkeitsmanagement: Was steckt alles in fertigen Produkten?

Auch kleine Firmen müssen immer mehr Normen kennen und beachten: RIF-Projekt hilft, normkonform zu handeln – Pilotprojekt in der Schneidwaren- und Werkzeugindustrie

Keine Kinderarbeit bei Lieferanten, Mindestlöhne, Energiezertifikate, Umweltlabel: In einer globalisierten Warenwelt gewinnen Informationen über Nachhaltigkeit für das Risikomanagement von Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Zahlreiche Normen, die sich oft auf umfassende internationale Vereinbarungen stützen, müssen eingehalten werden. Auch kleinere Unternehmen in der Liefer­kette müssen wissen, unter welchen Bedingungen beispiels­weise Vorprodukte, die sie selbst einkaufen, hergestellt werden. Denn sie müssen selbst eine Vielzahl an Qualitätsga­ran­tien und Verpflichtungserklärungen abgeben, um ihre Endprodukte auf dem Markt zu halten und den steigenden Anforderungen an sie selbst als Lieferanten großer Abnehmer gerecht zu werden. „Bei der aktuellen Vielzahl der Normen überblicken viele kleine Unternehmen oft nicht vollständig, was sie da im Detail eigentlich unterschreiben und welche Risiken sie konkret eingehen“, ist Dr. Sandra Klute, Qualitätsmanagerin am Institut für Forschung und Transfer (RIF) in Dortmund überzeugt. Deshalb entwickelt RIF ein Werkzeug, mit dem kleine und mittlere Unternehmen selbst einschätzen können, wie gut sie die Forderungen der Normen und ihrer Kunden erfüllen, und was noch zu verbessern ist.

Oft sind es die Geschäftsführer selbst oder auch die Qualitätsma­nage­mentbeauftragten, die sich in kleinen und mittleren Unterneh­men mit Qualitäts- und Risikomanagement auseinandersetzen. „Unsere Befragungen zeigen: Grundsätzlich besteht der Wille, alle Standards einzuhalten, aber viele Manager haben gerade bei Fragen zum Thema Nachhaltigkeit, wie zum Beispiel der Einhaltung sozialer Mindeststandards, wenig Detailkenntnisse. Die brauchen sie aber, um zum Beispiel einschätzen zu können, ob das Dokument, das ihnen ein Zulieferer aus anderen Kulturkreisen vorlegt, tatsächlich ein belastbarer Nachweis für die Einhaltung von Mindestlöhnen und Mindeststandards zur Arbeitssicherheit in den Ursprungsländern ist,“ sagt Dr. Sandra Klute. Denn die Risiken sind nicht zu unterschätzen: Stellt sich heraus, dass ein Unternehmen – wenn auch unwissentlich – „faule“ Ware vom Vorlieferanten mit verkauft hat, können nicht nur dauerhafte Umsatzverluste, sondern oft auch Regressansprüche und Imageschäden existenzbedrohende Ausmaße annehmen.

Ziel des RIF-Projekts unter dem Titel „Nachhaltigkeitsorientiertes Risikomanagement“ (www.narisko.de) ist es, für kleine und mittlere Unternehmen den Zugang für das benötigte Wissen so überschau­bar wie möglich zu bündeln. Dazu werden die Anforderungen aus den wichtigsten Normen als Fragenkatalog in das RIF-Selbstbewer­tungstool (QUASI - Qualität, Umwelt und ArbeitsSchutz Integriert managen) integriert, das bereits für die Bereiche Qualitäts-, Umwelt- und Arbeitschutzmanagement verfügbar ist. In der erweiterten Version werden nun auch die Normen zum Risiko- (ISO 31000), Nachhaltigkeits- (ISO 26000 bzw. DS 49001) und Energie­mana­ge­ment (DIN EN ISO 50001) mit berücksichtigt.

Nach Beantwortung eines systematischen Fragenkatalogs zeigt eine Ampelsystematik, ob bei den relevanten Richtlinien alles im „grünen“ Bereich ist: ob die Vorgaben im Unternehmen bekannt sind und beachtet werden, die Dokumentation stimmt und die entsprechen­den Prozesse umgesetzt werden. Automatisch zeigt die Software so auch, wo Handlungsbedarf besteht: Erstellt wird eine To-Do-Liste mit Maßnahmenvorschlägen, so dass ein kontinuierliches Risiko­manage­ment eingeleitet und dokumentiert wird.

Die Praxistauglichkeit des Projekts mit dem Arbeitstitel „Narisko“ steht ständig auf dem Prüfstand. Unternehmen aus der Werkzeug- und Schneidwarenindustrie, einer traditionell klein- und mittelstän­disch strukturierten Branche bringen ihre Erfahrungen in das For­schungsprojekt ein und testen die Module.

Das Projekt wird mit finanzieller Unterstützung des Bundesministe­riums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über die Arbeitsge­mein­schaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. (AiF), Köln, im Auftrag der Forschungsgemeinschaft Werkzeuge und Werkstoffe e.V. (FGW) bearbeitet.

Im Frühjahr 2014 soll das Werkzeug in einer lauffähigen, für viele Produktionsbranchen tauglichen Softwareversion verfügbar sein. Interessierte Unternehmen können sich ab sofort unter sandra.klute@rif-ev.de für weitere Informationen registrieren lassen. Bereits jetzt kann das RIF-Selbstbewertungstool (QUASI) für das Qualitäts-, Umwelt- und Arbeitsschutzmanagement gegen eine geringe Schutzgebühr beim RIF e.V. bezogen werden.

RIF-Presseinformation, 12. November 2013 

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