Mit intelligenter Technik gegen Transportunfälle

Acht Unternehmen und ein Forschungsinstitut suchen gemeinsam nach Innovationen für die Ladungssicherung – Ein Fünftel aller Nutzfahrzeug-Unfälle wäre vermeidbar

„Gefahr durch Gegenstände auf der Fahrbahn“: Auf rund 300 Millionen Euro addiert sich der Schaden, der jedes Jahr durch fehlerhafte oder mangelnde Ladungssicherung verursacht wird, weil ungesicherte Güter „plötzlich“ beim Bremsen zu unkontrollierbaren Geschossen werden. Im Straßenverkehr wird jeder fünfte Unfall durch unge­nü­gend gesicherte Ladung verursacht. Doch die Technik, die diesem Risiko im Straßen-, Schienen, Luft- und Schiffsverkehr vorbeugt, ist ausgesprochen konservativ. Die Nutzung intelli­genter Technologien, so die Überzeugung eines Forschungs­netz­werkes unter Federfüh­­rung des RIF Institut für Forschung und Transfer, Dortmund, stellt daher einen aussichtsreichen Zukunftsmarkt dar, in den deutsche Unternehmen als Innova­tionsführer vorangehen könnten. Gemeinsam mit der F&T LaSiSe gGmbH und zunächst acht weiteren Unterneh­men macht sich ein RIF-Team unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Gerd Grube daher nun systematisch auf die Suche nach „intelli­genten Ladungssicherungssy­ste­men“. Innerhalb eines Jahres, so das erste Etappenziel des Netzwerkprojekts, soll geklärt werden, in welchen Bereichen Messtechnik und Sensoren, intelligente Beladungs- oder Prüfmethoden und Normen vor drohendem Unheil frühzeitig warnen oder auch fehlendes Anwenderwissen kompensieren können. Nicht zuletzt steigert auch eine neue Rechtslage mit erweiterter Haftung das Bewusstsein für die Probleme und die Dringlichkeit für neue Lösungen in der Transportlogistik.

 

Handelsübliche Ladesicherungssysteme wie Antirutschmatten, Wannen, Laderaumteiler und -abdeckungen, Trenngitter, Sperrstangen, Boden- und Gepäcknetze oder Gurte sind seit Jahrzehnten in Gebrauch. Bisher war ihr Einsatz jedoch

alleinige Sache des Fahrers, der ausschließlich für die korrekte Ladungssicherung verantwortlich war. Mittlerweile, nach einer Änderung der Straßenverkehrsordnung (§ 22 STVO) haften auch Absender und am Ladevorgang beteiligte Personen sowie Bereichs- und Abteilungsleiter in den Unternehmen. Wie gut die Ladung gegen ungewolltes Verrutschen – gerade beispielsweise beim Bremsen, in extremen Kurven oder bei ruckartigen Lenkmanövern – gesichert ist, lässt sich beim derzeitigen Stand der Technik jedoch von diesen kaum beurteilen.

„Gerade bei der Ladungssicherung werden neue technische und organisatorische Möglichkeiten bisher noch unzureichend ausgeschöpft. Dabei wären mit neuen Sensor-, Software-, und Mikrosystemtechnologien vom Grundsatz her viele innovative Lösungen – wie die Realisierung eines Intelligenten LKW - möglich“, sagt Karl Heinz Keisewitt, stellv. Geschäftsführer der Dolezych GmbH & Co KG sowie Vorsitzender des Trägervereins Ladungssicherung e.V.

Unter der Federführung von RIF e.V. haben sich gemeinsam mit der F&T LaSiSe gGmbH insgesamt acht Unternehmen zusammenge­schlossen, um denkbare Innovationen auf praxisgerechte Anwend­bar­keit, technologische und wirtschaftliche Machbarkeit zu prüfen, um auf dieser Basis zukunftsfähige Produkte zu entwickeln.

Die acht Gründungsunternehmen der Initiative wollen dafür ihr sehr unterschiedliches und jeweils sehr spezielles Know How zusammen­tra­gen und auf dem Weg der jeweiligen Produktentwicklung weitere strategische Partner in das Netzwerk integrieren. Mit der Dolezych GmbH & Co. KG ist einer der größten Anbieter von Seil-, Hebe- Anschlag- und Ladesicherungstechnik Europas mit im Team. Die GelKoh Services e.K. ergänzt als Spezialist für Transport und Lage­rung gefährlicher Güter sowie Brandschutz einen weiteren wichtigen Aspekt. Und Mikroelektronik speziell für raue Umweltbedin­gungen, wie etwa starke Vibrationen oder Temperaturwechsel, entwickelt die Online Engineering GmbH. Die TDS GmbH steuert als Händler und Dienstleister in der Personalentwicklung Impulse für die Techno­logie­anwendung und Marktdurchdringung bei, während die Uwe Walter Malerhandwerk GmbH praktische Aspekte aus dem dienst­leistungsorientierten Handwerk einbringen kann. Für Softwarelösun­gen, mit denen auch KMU innovative Ladungssicherungssysteme in betriebliche Abläufe einbinden könnten, sorgt die Sander + Partner GmbH. Berufsbildung und moderne Lernsysteme sind Thema des Bildungszentrum für Logistik und Verkehr BECKER GmbH, Hagen, und der Fachverlag Georg D.W. Callwey GmbH unterstützt das Netzwerk mit der praxisnahen Veröffentlichung von Forschungser­geb­nissen. Die vorliegenden Erfahrungen des Forschungs- und Technologiezentrums Ladungssicherung, F&T LaSiSe gGmbH, mit seinem 12 Hektar großen Freiluft-Forschungs- und Testlabor bei der Messung von Kräften in Abhängigkeit vom Fahrzeug, der Fahr­bahnbeschaffenheit und dem jeweiligen Produkt, ergänzen das einzigartige Netzwerk. Als Gründungsmitglied der Deutschen Industrieforschungsgemein­schaft Konrad Zuse e.V. ist RIF e.V. mit mehr als 70 Industriefor­schungs­ein­richtungen fach­übergreifend vernetzt und kann auf diese Weise für zusätzlich erforderliche, spezielle Fachkompetenzen schnell und passgenau Kontakte zu weiteren Forschern herstellen.

„Wir können in Deutschland im Bereich der innovativen Ladungssicherung eine Innovationsführerschaft übernehmen, wenn wir unsere Kompetenzen bündeln und die Verwertungsprozesse aller Beteiligten beschleunigen. Diese Auffassung jedenfalls verbindet uns als Netzwerkpartner. Damit uns das gelingt, haben wir die Zusammenarbeit systematisch und zielgerichtet organisiert“, sagt RIF-Mitglied Prof. Dr.-Ing. Gerd Grube.

Das erste Jahr des Netzwerkprojekts wird durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des BMWi (Förderkenn­zeichen 16KN068101) gefördert. Bis zum Ende der Förderung sollen eine selbsttragende Struktur zur Marktdurchdringung und innovative Produktideen entwickelt werden. Es ist beabsichtigt, weitere Projektpartner je nach Aufgabenstellung einzubinden. Ansprechpartnerin für Interessenten ist Jana Gehrmann, Netzwerkmanagerin in der RIF-Abteilung Innovationstechnik, Telefon 0231.9700-196, E-Mail Jana.Gehrmann@rif-ev.de

RIF.Presseinformation, 27. Oktober 2016 

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