Baby Gourmet

Forscher aus Dortmund und Bönen gehen der Frage nach, ob Tiefkühlbrei für Babys in Deutschland eine schmackhafte und marktgängige Alternative zum Brei aus dem Gläschen werden könnte

Jeder, der es schon einmal probiert hat, weiß: Erbsen aus der Dose schmecken anders als tiefgekühlte. Außerdem ist klar: Vorlieben für Lebensmittel werden bereits in den ersten Monaten eines Menschenlebens geprägt. Beide Erkenntnisse zusammen führen zu der Frage: Warum gibt es Babybrei in Deutschland nur aus dem Gläschen und nicht aus der Tiefkühlung? Diese Fragestellung wird in den nächsten drei Jahren nicht nur Forscher von drei Instituten in Dortmund und Bönen eingehend beschäftigen, sondern auch das ein oder andere Baby und seine Eltern bei Geschmacksstudien.


Unter dem Titel "Baby Gourmet" untersucht das Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund (FKE) gemeinsam mit dem RIF – Institut für Forschung und Transfer - und dem Analytikunternehmen QHP Life Science GmbH, Bönen die geschmacklichen, ernährungsphysiologischen, rechtlichen, technischen und "kulturbrechenden" Aspekte einer "Innovation in der Säuglingsernährung durch multimodale Entwicklung und Evaluation neuer Produktlinien in der Beikost". Das Forschungsprojekt ist eines von insgesamt acht Innovationsprojekten, die im Wettbewerb ‚Ernährung.NRW’ als Siegerprojekte prämiert und vom Land NRW und der Europäischen Union (Ziel-2-Programm) bis zum Jahr 2014 gefördert werden.

Immer mehr Studien zeigen, dass die Ernährung in der frühen Kindheit die Entstehung von Krankheiten im späteren Leben entscheidend beeinflussen kann. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen außerdem, dass es nicht nur auf die ernährungsphysiologische Zusammensetzung der Nahrung ankommt. "Frühe Geschmackserfahrungen ‚programmieren’ die späteren Vorlieben eines Menschen für bestimmte Lebensmittel.Und da lässt der Einsatz von Tiefkühlverfahren eine größere Geschmacksvielfalt und Nährstofferhaltung erwarten als die herkömmliche Beikost in Form von Gläschenkost oder Trocken- Milchbreien", sagt Prof. Dr. Mathilde Kersting, stellvertretende Leiterin des FKE. Sie ist gleichzeitig Koordinatorin für das nun angelaufene, vielschichtige Forschungsprojekt. So soll über systematische Sensoriktests gemeinsam mit Babys und Müttern herausgefunden werden, wie Rezepte für Tiefkühlbabykost vor allem den Babys schmecken. Und in verschiedenen Marktforschungsstudien geht das Team vom RIF der Frage auf den Grund, wie Eltern von dem neuem Produktsortiment überzeugt werden können.

Parallel soll gemeinsam mit Unternehmen aus der Tiefkühlbranche und dem Deutschen Tiefkühlinstitut e.V. untersucht werden, wie die Standardrezepturen für Babybrei in Deutschland in Tiefkühl- Produkte – zunächst in Prototypen – umgesetzt werden können. Bei der Nahrung für Säuglinge gelten die höchsten gesetzlichen Ansprüche für den Anbau, die Auswahl und die Verarbeitung von Rohstoffen. Deshalb widmet sich ein eigenes Teilprojekt der Firma QHP der Sicherung der hohen ernährungsphysiologischen, hygienischen und toxikologischen Standards. Für Unternehmen aus der Tiefkühlbranche dürften diese kein grundsätzliches Problem sein. In anderen Staaten, sogar im "Gourmet-Land" Frankreich, ist Tiefkühlbabykost schon seit längerem erhältlich.

Eine ganz andere Frage jedoch lässt Unternehmen in Deutschland derzeit noch zögern, Babynahrung tiefgekühlt auf den Markt zu bringen. "Das Risiko, bei der Markteinführung zu scheitern, ist extrem hoch, weil das Sicherheitsbedürfnis bei der Babyernährung eine hohe Skepsis gegenüber allen Innovationen mit sich bringt ", weiß RIF-Vorstand Prof. Hartmut Holzmüller. Der Marketing-Experte will im Rahmen des Forschungsprojektes daher klären, inwieweit Eltern überhaupt geneigt wären, traditionelle Konsumpfade bei einem so existenziellen Thema aufzugeben. Diese Frage ist für den Forscher auch deshalb eine Herausforderung weil es für die Markteinführung solcher "kulturbrechender", neuartiger Produkte keine Patentlösungen gibt.

RIF-Presseinformation, 1. September 2012

 
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